Wächst ein Barrett-Ösophagus während der Überwachung?

Wächst ein Barrett-Ösophagus während der Überwachung?

Alexander Meining, Ulm

Gut 2015; online; doi:10.1136/gutjnl-2014-308552

Barrett’s oesophagus length is established at the time of initial endoscopy and does not change over time: results from a large multicentre cohort
Fouad J Moawad, (1) Patrick E Young, Srinivas Gaddam, Prashanth Vennalaganti, Prashanthi N Thota, John Vargo, Brooks D Cash, Gary W Falk, Richard E Sampliner, David Lieberman, Prateek Sharma

(1) Gastroenterology Service, Department of Medicine, Walter Reed National Military Medical Center, 8901 Wisconsin Ave., Bethesda

Objective

It is unclear whether Barrett’s oesophagus (BO) length changes over time or whether the full length of the segment is established at the onset of disease recognition. The objectives of this study were to evaluate the association of age and BO length and to evaluate the changes in BO length over time.

Design

This is a prospective, multicentre cohort study involving patients with BO from five centres. Patients were divided into groups based on the decade of initial diagnosis of BO. The mean BO length and the mean change in BO length were calculated for each age decade. The mean change in BO length was also calculated between the index endoscopy and the last surveillance endoscopy.

Results

3635 patients with BO were included in the study: 87.8% men, 92.8% Caucasians, mean age 60.9 years and mean BO length 3.5 cm. The mean change in BO length was 0.9 cm. The mean BO length did not significantly change for each age category: 80 years (4.5 cm), p=0.47. On subgroup analysis of patients with non-dysplastic BO who had at least 1 year of endoscopic follow up, there was a significant decrease in mean change in BO length across age categories ranging from +1.7 to −0.8 cm, p=0.03.

Conclusions

There was no significant difference in BO length by age category in decades. In addition, the change in BO length from index to follow-up endoscopy was similar among patients >30 years. These findings suggest that a patient’s BO segment length attains its full extent by the time of the initial endoscopic examination.

Was Sie hierzu wissen müssen

Das Risiko der Progression eines nicht-neoplastischen Barrett-Ösophagus hin zur hochgradigen intraepithelialen Neopalsie oder Adenokarzinom ist äußerst niedrig und wird in neueren Studien mit 0,12 bis 0,33 pro Jahr angegeben (1, 2). Hierbei scheint jedoch (so wurde zumindest bisher vermutet) das Risiko einer malignen Transformation mit der Länge des Barrett-Segments zu korrelieren. Es stellt sich daher die Frage, ob es einen kontinuierlichen Prozess gibt, bei dem der Barrett-Ösophagus langsam an Größe zunimmt und im weiteren Verlauf über die Jahre mit zunehmender Größe bösartige Veränderungen auftreten. Trifft diese Hypothese zu, wäre es sicherlich sinnvoll bei jungen Patienten die Mukosa frühzeitig – d. h. auch bei kleinen und nicht-neoplastischem Barrett-Ösophagus – zu abladieren um somit die Sequenz normale Mukosa zur Barrett-Metaplasie zur Barrett-Neoplasie im Sinne einer wirksamen Karzinomprävention zu unterbinden.

In einer prospektiven, multizentrischen, großen Kohortenstudie unter Einschluss von 3635 Patienten mit Barrett-Ösophagus wurde nun untersucht, in wie weit sich unterschiedlich Alterskohorten hinsichtlich der Barrett-Länge bei der initialen Erhebung und im Laufe der Überwachung unterscheiden und ob eine Assoziation mit dem Neoplasie-Risiko besteht (3). An 5 US-amerikanischen Zentren wurden diesbezüglich Registerdaten prospektive erhoben und hinsichtlich der genannten Fragestellung ausgewertet. Erhoben wurden: Alter bei Erstvorstellung, Geschlecht, endoskopische (Länge in Zentimeter) und histologische Barrettcharakteristika (beide initial und im Verlauf), sowie weitere Faktoren wie Begleitmedikation, BMI, Rasse und Nikotinabusus. Die Patienten wurden getrennt nach folgenden Alterskohorten analysiert: 80 Jahre.

Als Ergebnis wurde festgestellt, dass keine Korrelation der Barrett-Länge mit zunehmendem Alter besteht. Weiterhin, wurde auch im Rahmen der Follow-up Überwachungsendoskopien kein Barrett-Wachstum festgestellt. Im Gegenteil, es wurde im Mittel über alle Alterskohorten ein Rückgang der Barrett-Länge um ca. 1 cm ermittelt, obgleich dieser Rückgang für keine einzelne Altersgruppe signifikant war. Die Autoren vermuten daher, dass die vermeintliche Schrumpfung des Barrett-Segments entweder durch die in über 90% bestehende begleitende PPI-Therapie hervorgerufen wurde oder aber einfach auch im Rahmen der endoskopischen Messvariabilität zu erklären ist.

Die Barrett-Länge ändert sich also nicht, auch waren in den jeweiligen Altersgruppen keine Unterschiede bzgl. der Länge des Barrett-Segments feststellbar. Was bedeutet dies nun für den Praktiker? Eigentlich gar nichts, da eine fehlende Zunahme des Barrett-Segments mit zunehmendem Alter nicht automatisch bedeutet, dass dadurch das Risiko der Entstehung einer Neoplasie wegfällt. Die endoskopisch-bioptische Überwachung kann folglich nicht komplett nur aus diesem Grund eingestellt werden. Andererseits zeigt sich erneut, dass das Malignitätsrisiko eines Barrett-Ösophagus zum einen sehr gering ist und zum anderen aber auch schwer eingeschätzt werden kann. Im Großen und Ganzen bestätigen die Daten doch im Wesentlichen das, was jeder Endoskopiker schon zuvor zumindest ahnte: es gibt „kurze und lange“ Barretts sowie „gute und böse“ Barretts mit doch recht stabilen Verlauf während der Überwachung. Und wenn ein Barrett neoplastisch wird, so tritt dies in der überwiegenden Zahl der Fälle innerhalb des ersten Jahres der Überwachung auf. Diese Beobachtung impliziert wiederum, dass wahrscheinlich die Neoplasie im Barrett auch schon bei der Erstendoskopie existent war (nur vielleicht noch nicht so gut zu lokalisieren). Demzufolge lauten die modifizierten Empfehlungen auch, dass die erste Kontrollendoskopie innerhalb des ersten Jahres erfolgen soll, während anschließende Kontrollen nach 3-4 Jahren durchgeführt werden können (4).

Interessant sind die von Moawad und Kollegen publizierten Daten jedoch auch dahingehend, dass weiterhin absolut unklar bleibt, wie denn nun der Barrett (egal in welcher Ausprägung) nun so plötzlich entsteht? Irgendwann muss es ja zu so einem Ereignis kommen, oder werden wir gar schon mit unserem bzgl. Länge und Malignitätsrisiko determinierten Barrett geboren? Daten zum Barrett bei Kindern oder jungen Erwachsenen sind jedoch sehr selten. In diesem Zusammenhang mag es auch als Schwachpunkt des Registers in vorliegenden Arbeit erachtet werden, dass die Alterskohorte der 50-70Jährigen über die Hälfte der Gesamtpopulation ausmachte, während die 30-50Jährigen nur 18% und die unter 30Jährigen sogar nur weniger als 1% darstellten. Trotz der relativ hohen Zahl an Barrett-Patienten kann daher ein gewisser Populations-bedingter Bias nicht ausgeschlossen werden. Letztendlich braucht es daher doch noch weitere Daten zur Prävalenz, zum Ausmaß und zur Histologie des Barrett-Ösophagus. Wichtig wäre auch zu ermitteln, ob sich etwa einzelne genetische Marker im Verlauf der Erkrankung identifizieren lassen oder vielleicht auch bereits initial schon festzustellen sind um eine bessere Risikoabschätzung der malignen Progression zu gewährleisten und die Überwachung somit effektiver wird. Insgesamt also weiterhin noch viel Platz für weitere Arbeiten zur Klärung der Pathogenese der Barrett-Metaplasie und Barrett-Neoplasie.

Literatur

  1. Desai TK, Krishnan K, Samala N, Singh J, Cluley J, Perla S, Howden CW. The incidence of oesophageal adenocarcinoma in non-dysplastic Barrett’s oesophagus: a meta-analysis. Gut. 2012 ; 61: 970-6.
  2. Hvid-Jensen F, Pedersen L, Drewes AM, Sørensen HT, Funch-Jensen P. Incidence of adenocarcinoma among patients with Barrett’s esophagus. N Engl J Med. 2011; 13; 365:1375-83.
  3. Moawad FJ, Young PE, Gaddam S, Vennalaganti P, Thota PN, Vargo J, Cash BD, Falk GW, Sampliner RE, Lieberman D, Sharma P. Barrett’s oesophagus length is established at the time of initial endoscopy and does not change over time: results from a large multicentre cohort. Gut. 2015 Feb 4. [Epub ahead of print]
  4. Koop H, Fuchs KH, Labenz J, Lynen Jansen P, Messmann H, Miehlke S, Schepp W, Wenzl TG; Mitarbeiter der Leitliniengruppe. S2k-Leitlinie: Gastroösophageale Refluxkrankkheit unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Z Gastroenterol 2014; 52(11): 1299-1346

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