Invasive Amöbiasis im Kolon
Dres. Med. Ulrike Schempf und Dörte Wichmann
Dres. Med. Ulrike Schempf und Dörte Wichmann
Interdisziplinäre Endoskopieeinheit der Universitätsklinik Tübingen
Anamnese, klinischer Befund
Vorstellung eines 73-Jährigen Herrn in sonst gutem Allgemeinzustand mit seit wenigen Tagen bestehenden rezidivierenden Fieberschüben und rechtsseitigen Oberbauch-Schmerzen. Anamnestisch war der Patient wenige Monate vor dem Ereignis in Indien, wo er an einem fieberhaften Durchfall-Infekt erkrankt war.
Labor
Es lag eine akute Entzündungskonstellation mit 17210 Leukozyten/µl und einem CRP von 6,7mg/dl vor. Die AP war mit 162U/l leicht erhöht, yGT mit 219 erhöht, Bilirubin normwertig. Im großen Blutbild waren Monozyten (11070/µl) und Neutrophile (13180/µl) erhöht.
Bildgebung
Bei der stationären Aufnahme erfolgte eine CT-Abdomen-/Becken in der eine große, hypodense Läsionen rechts hepatisch mit randlicher Kontrastmittelaffinität und durchschnittlich liquiden Dichtewerten gesehen wurde (Bild 1). Aufgrund der starken Schmerzen und der Größe der Läsion wurde sie bei Verdacht auf einen Leberabszess, drainiert. Es ließ sich putrides Sekret aspirieren.
Mikrobiologie
Der serologische Befund für Entamoebia histolytica IgG positiv. Die initial durchgeführten Stuhlproben waren negativ für die Testung auf Entamoeba histolytica.
Verlauf
Drei Tage nach Anlage der Abszessdrainage entwickelte der Patient eine Hb- und Kreislauf-relevante untere gastrointestinale Blutung. Die Bilder der Notfall-Koloskopie sind in den Bildern 2,3 und 4 dargestellt. Im C. ascendens wurden in unmittelbarer Nähe zur Ileocoekalklappe mehrere Ulcerationen ohne akute Blutungsstigmata detektiert. Das terminale Ileum war ohne Ulcerationen und blutfrei. Die hieraufhin erneut auf Entamoeba histolytica untersuchten Stuhlproben fielen positiv aus (Nachweis von Zysten im Stuhl).
Endoskopie
Zusammenfassend:
Der Patient war an einer invasiven Amöbiasis erkrankt.
Wissenswertes über die Amöbiasis:
Erreger:
Parasit Enamoeba histolytica, Darmprotozoon, Trophozoit (vegetativ, nicht infektiös) oder Zystenform (Magna- und Minutaform, infektiös, ggf. invasiv)
Übertragung/Infektion
kontaminierte LebensmittelVorkommen: Tropen und Subtropen
Verlauf:
- Asymptomatischer Verlauf (90%), Erkrankte sind symptomlose Ausscheider
- Invasive Amoebiasis, Bildung von Ulcerationen und intestinalen Abszessen, typischer Befund: Himbeergelee-artiger Stuhl
- Extraintestinale Amöbiasis, Abszessbildung in Leber (95%) oder anderen Organen.
Vorkommen:
Tropen und Subtropen
Häufigkeit:
WHO schätzt jährlich 50.000 Neuerkrankungen, bis zu 110.000 Todesfälle/Jahr,
Letalität
ca. 1%
Therapie:
Metronidazol intravenös oder oral bei invasiver Amöbiasis über 10 Tage, und ein-oder zweizeitige Eradikation bei Darmlumen-Infektion mit Paromomycin 3x500mg/d über 10 Tage
Literatur
S1-Leitlinie 042-002: Diagnostik und Therapie der Amöbiasis