Klassifikation und Charakteristik der IgG4-assoziierten Cholangitis und Abgrenzung zu hepatobiliären Malignomen – Mimikry in der hepatobiliären Endoskopie
Anhand dieses klinischen Falls werden typische endoskopische Befunde und die Diagnosekriterien der hepatobiliären IgG4-Erkrankung mit Klassifikation beschrieben und auf die Leitlinie der Europäischen Fachgesellschaft (UEG) eingegangen.
Nach externer MRCP bei Ikterus, B-Symptomatik und Oberbauchbeschwerden wurde dieser 73-jährige männlicher Patient mit Verdachtsdiagnose Neoplasie des pankreaticobiliären Systems zugewiesen. Im hausärztlichen Labor zeigte sich eine cholestatisch führende Leberwerterhöhung (Bilirubin ges. 11,8 mg/dl – Ref. < 1,2mg/dl) und ein erhöhter CA19-9 Wert (150 U/ml – Ref. < 37 U/ml).
Bild 1: In der radialen Endosonographie ist das gesamte Pankreasorgan echoarm, inhomogen aufgetrieben und elastographisch hart (blue honeycomb). Auffällig ist, dass der Pankreasgang nicht dilatiert ist.
Bild 2: EUS (radial)– Duplex – Pfeilmarkierung am DHC – deutliche Wandverdickung bis 6mm. Die Gallenwege, insbesondere der extrahepatische DHC, weisen eine echoarme, diskontinuierliche und langstreckige Wandverdickung auf.
Bild 3: ERCP: Diskontinuierliche Strikturen Typ 2B der intra- und extrahepatischen Gallenwege.
In der europäischen Leitlinie der UEG (1) wird eine Klassifikation in 4 Typen vorgeschlagen, die ursprünglich von Nakazawa et al. erstbeschrieben wurde (2). Nach Entnahme von ausgiebigen Biopsien aus dem Gallenwegssystem wurden hier zwei Endoprothesen nach links und rechts suprahilär eingebracht.
Bild 4.: Cholangiographische Klassifikation der IgG4 Cholangitis nach Nakazawa et al. (2) und entsprechende Häufigkeit (1). Der Typ 1 mit distaler DHC Stenose stellt die häufigste Form dar. Bei Typ 2 tritt eine distale DHC Stenose kombiniert mit einer segmentalen (Typ 2a) oder diffusen (Typ 2b) intrahepatischen Stenosen auf (wie im Fallbesipiel). Bei Typ 3 liegt eine hiläre und distale DHC Stenose vor. Der Typ 4 imitiert einen Klatskin-Tumor.
Während die Nakazawa-Klassifikation rein morphologisch deskriptiv für die Differentialdiagnostik von zentraler Bedeutung ist, ist sie für die Therapie und den Verlauf nur einer von vielen Faktoren.
Distales CCC, Pankreaskopfkarzinom mit hilärer Metastase
Typ 4
Klatskin-Tumor
Tabelle 1: Differentialdiagnose je nach Nakazawa-Typ
Die Diagnosestellung der gastrointestinalen Manifestation der IgG-4 Erkrankung erfolgt wie bei den übrigen Manifestationsformen dieser Systemerkrankung anhand der Hisort-Kriterien (1): Histologie, typische Bildgebung, Serologie (hohe diagnostische Wertigkeit, wenn IgG4 > 4x ULN), die Manifestation an mehreren Organen und das Therapieansprechen auf Steroide.
In unserem Fall ergab sich ein mehr als 10-fach erhöhter IgG4 Serumspiegel, sodass bei IgG4-Cholangitis in Kombination mit einer Autoimmunpankreatitis eine Therapie mit Prednisolon 40mg initiiert wurde.
Bild 5: Das Cholangiogramm nach 4-wöchiger Prednisolontherapie im Rahmen der Endoprothesenentfernung (rechts) zeigt eine komplette Remission im Vergleich zum Ausgangsbefund (links) und ist ein wichtiges Diagnosekriterium.
Bild 6: In der EUS-Kontrolle ist die langstreckige Wandverdickung von 6 auf 2mm zurückgegangen. Das umgebende Pankreasgewebe ist deutlich weniger echoarm (Vgl. Bild 2). Eine langfristige Erhaltungstherapie ist bei hoher Rückfallrate in der Regel erforderlich.
Literatur
1. Löhr JM, Beuers U, Vujasinovic M. et al.; UEG guideline working group. European Guideline on IgG4-related digestive disease – UEG and SGF evidence-based recommendations. United European Gastroenterol J. 2020 Jul;8(6):637-666. doi: 10.1177/2050640620934911. Epub 2020 Jun 18. PMID: 32552502; PMCID: PMC7437085.
2. Nakazawa T, Naitoh I, Hayashi K, Miyabe K, Simizu S, Joh T. Diagnosis of IgG4-related sclerosing cholangitis. World J Gastroenterol. 2013;19(43):7661-7670. doi:10.3748/wjg.v19.i43.7661
Beitrag von:
Dr. med. Christian Dietrich / Philipp Herberg / Professor Dr. med. Ralf Jakobs
Medizinische Klinik C, Klinikum der Stadt Ludwigshafen
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