Guidelines in der Diagnostik und Therapie intraduktal papillärer muzinöser Neoplasien des Pankreas (IPMN)
Zystische Tumoren des Pankreas werden zunehmend diagnostiziert. Die exakte Zuordnung dieser vielfältigen Tumoren zu einer bestimmten Entität und deren Abgrenzung gegenüber nicht neoplastischen zystischen Läsionen des Pankreas (z.B. Pseudozysten) fällt oftmals schwer. Im besonderen Fokus stehen dabei – nicht nur wegen ihrer Häufigkeit – die intraduktalen papillären Neoplasien des Pankreas (IPMN). Diese Tumoren besitzen ein bestimmtes malignes Potential und können somit als Präkanzerosen des Pankreas eingestuft werden. Dies führt zu einer nicht endenden Diskussion um deren Therapienotwendigkeit, die von Beobachten über die begrenzte chirurgische Resektion bis hin zur vollständigen Pankreatektomie reicht. Seit 2006 versuchen verschiedene Guidelines (2006 Sendai-Kriterien (1); 2012 Fukuoka Guidelines (2)) mehr oder weniger klare Diagnostik- und Therapieempfehlungen für die IPMN abzugeben, die sich initial fast ausschließlich an der Größe der zystischen Läsion und deren Beteiligung am Pankreashauptgang und/oder an den Pankreasseitengängen orientierte. Seit 2017 sind nunmehr die revidierten Fukuoka Guidelines für diese Tumoren der aktuelle Diagnose- und Therapiestandard (3).
In diesen revidierten Fukuoka Guidelines wird zwischen Fukuoka positiven IPMN mit Hochrisiko-Stigmata, IPMN mit sog. „worrisome-features“ und Fukuoka negativen IPMN unterschieden.
Fukuoka positive IPMN:
Fukuoka positive IPMN sind IPMN mit Hochrisiko-Stigmata für ein Malignom. Hierzu gehören IPMN
des Pankreaskopfes die zu einem obstruktiven Ikterus
geführt haben
mit einem Kontrastmittelaufnehmenden muralen Knötchen ?5mm
mit einer Erweiterung des Pankreashauptganges auf ?10mm (sog. Hauptgang-IPMN)
IPMN mit „worrisome features“:
IPMN mit Fukuoka „worrisome features“
sind IPMN mit
abrupter Änderung der Pankreasgangweite und distaler Atrophie
Lymphknotennachweis
erhöhten CA 19-9 Serum-Werten
Zystenwachstum um mindestens 5mm in 2 Jahren
Klinisches Vorliegen einer Pankreatitis
Fukuoka negative IPMN:
Fukuoka negative IPMN sind IPMN ohne
die genannten Hochrisiko-Stigmata und ohne die genannten „worrisome features“.
Aus den genannten Kriterien dieser
Guidelines ist ersichtlich, dass die Einteilung der IPMN nicht mehr nur nach
deren Größe und/oder nach Haupt- oder Seitengangsbeteiligung erfolgt, sondern
hoch differenziert vorgenommen werden muss. Kriterien wie z.B.
kontrastmittelaufnehmende murale Knötchen von < oder ?5mm Größe können
zuverlässig eigentlich nur mit einer hochauflösenden Endosonographie unter dem
Einsatz eines Ultraschallkontrastmittels (CH-EUS) und weniger genau mit der MRT
bestimmt werden (s. Abb. 1–5).
Die Guidelines geben auch
Empfehlungen zum therapeutischen Vorgehen ab. Fukuoka positive IPMN sollten bei
operablen Patienten operiert werden. Beim Vorliegen von „worrisome features“
und dem Nachweis muraler Knötchen ?5mm in der Endosonographie, dem
Nachweis von Hauptgangsveränderungen oder dem Vorliegen einer malignomsuspekten
oder gar malignen Zytologie sollte ebenfalls eine chir. Resektion angestrebt
werden. Ist dies alles nicht der Fall, so sollten entsprechend der Größe des
IPMN Kontrollen mittels CT/MRT bzw. EUS in gewissen Abständen erfolgen. Abb. 6
gibt einen Überblick über das diagnostische und
therapeutische Vorgehen bei IPMN analog der revidierten Fukouka Guidelines
(3).
Ein Vorgehen entsprechend diesen
Guidelines hat gezeigt, dass das Risiko einer Übertherapie „harmloser“ IPMN
durch eine nicht gerechtfertigte Operation und gleichzeitig das Auftreten
maligner Tumoren aus scheinbar „harmlosen“ IPMN als sehr gering einzustufen
ist. In einer Untersuchung an über 1100 Patienten mit einem IPMN zeigte sich,
dass das Auftreten eines Malignoms bei Fukuoka negativen IPMNs innerhalb von 5
Jahren bei unter 2% liegt. Beim Vorliegen von „worrisome features“ liegt das
Karzinom Risiko bei nicht operierten IPMNs bei ca. 4% während bei Fukuoka
positiven Patienten innerhalb von 5 Jahren bei 49% ein Pankreaskarzinom
nachgewiesen werden konnte (4).
Bei der Überwachung von Patienten mit einem IPMN sollte unbedingt beachtet werden, dass Malignome des Pankreas auch außerhalb und unabhängig von den zystischen Läsionen gehäuft auftreten können (5). Daher sollte die Überwachung immer das gesamte Pankreas mit einschließen.
Abb. 1: Kleiner Fukuoka negativer Seitengangs-IPMN im Pankreasschwanz
Abb. 3: IPMN mit gut erkennbarem Ganganschluss an den Pankreashauptgang im Pankreaskopf
Abb. 2: IPMN mit 3,8mm großem muralem Knötchen
Abb. 4: IPMN mit Fukuoka „worrisome features” im Pankreascorpus (>3cm, nicht kontrastmittelaufnehmdes großes murales Knötchen in der CH-EUS)
Abb. 5: IPMN mit einem IPMN assozierten Pankresaskarzinom
Abb. 6: Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen bei IPMN entsprechend der revidierten Fukouka Guidelines (3).
Literatur:
Tanaka M, Chari S, Adsay V, Fernandez-del Castillo C, Falconi M, Shimizu M, et al. ‘International consensus guidelines for management of intraductal papillary mucinous neoplasms and mucinous cystic neoplasms of the pancreas’. Pancreatology 2006; 6: 17–32.
Tanaka M, Fernandez-del Castillo C, Adsay V, Chari S, Falconi M, Jang JY, et al. ‘International consensus guidelines 2012 for the management of IPMN and MCN of the pancreas’, Pancreatology 2012; 12: 183–97.
Tanaka M, Fernandez-del Castillo C, Kamisawa T, Jang JY, Levy P, Ohtsuka T, et al. ‘Revisions of international consensus Fukuoka guidelines for the management of IPMN of the pancreas’, Pancreatology 2017; 17 :738–53.
Mukewar S, de Pretis N, Aryal-Khanal A, Ahmed A, Sah R, Enders F, Larson JJ, et al. ‘Fukuoka criteria accurately predict risk for adverse outcomes during follow-up of pancreatic cysts presumed to be intraductal papillary mucinous neoplasms’, Gut 2017 Oct; 66(10): 1811–17.
Yamaguchi K, Kanemitsu S, Hatori T, Maguchi H, Shimizu Y, Tada M, et al. ‘Pancreatic ductal adenocarcinoma derived from IPMN and pancreatic ductal adenocarcinoma concomitant with IPMN’, Pancreas 2011; 40: 571–80.