Das Rapunzelsyndrom
PD Dr. med. Benjamin Walter, Zentrale Endoskopie, Universitätsklinik Ulm Alexander Kalner, Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm Dr. med. Lukas Perkhofer, Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm
Das Rapunzelsyndrom – Eine sehr seltene Ursache gastrointestinaler Beschwerden
Eine 31-jährige Patientin stellte sich mit seit 2 Wochen persistierenden Oberbauchschmerzen in unserer universitären Notaufnahme vor. Anamnestisch gab Sie zusätzlich seit längerem Übelkeit und intermittierendes postprandiales Erbrechen an.
In der körperlichen Untersuchung konnte bereits palpatorisch eine mehrere Zentimeter große tumoröse Masse im rechten Oberbauch getastet werden. Zum Ausschluss eines malignen Geschehens erfolgte nach nicht wegweisender Abdomensonographie die Durchführung einer ÖGD. Hier zeigte sich ein Fremdkörper im Magen, der den Pylorus vollständig verschloss und eine Ileussymptomatik ausgelöst hat. Bei näherer Betrachtung ergab sich das Bild eines Trichobezoars (Haarknäuel) (Bild1). Nach Mobilisation mit der Fasszange in den Magen war, unter Zuhilfenahme einer Fremdkörperkappe, endoskopisch eine perorale Bergung des über 20cm langen Bezoars möglich (Bild 2). Postinterventionell zeigt sich die Patientin wieder vollständig beschwerdefrei und konnte entlassen werden.
Bei der Patientin ist neben einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, mit einer Trichotilomanie und Trichophagie-Neigung (kompulsives Essen von eigenen Körperhaaren) bekannt. Eine seltene Erkrankung die laut DSM-5 als Zwangsspektrumsstörung eingeordnet wird. Eine potentiell lebensbedrohliche Komplikation dieser Erkrankung ist das bei dieser Patientin aufgetretene „Rapunzelsyndrom“. Dabei ragt der Schwanz des Haarknäuels wie ein Haarzopf bis in den Darm und kann zu Ileuszuständen führen. Eine Entfernung ist endoskopisch, in einigen Fällen nur chirurgisch möglich.
Abbildungen: