Seröse Cystadenome des Pankreas – auch weiterhin harmlos?

Seröse Cystadenome des Pankreas – auch weiterhin harmlos?

Guido Schachschal und Thomas Rösch, Hamburg

Gut 2015; online (doi:10.1136/gutjnl-2015-309638)

Serous cystic neoplasm of the pancreas: a multinational study of 2622 patients under the auspices of the International Association of Pancreatology and European Pancreatic Club (European Study Group on Cystic Tumors of the Pancreas)
B Jais,1 V Rebours,1 G Malleo,2 R Salvia,2 M Fontana,2 L Maggino,2 C Bassi,2 R Manfredi,2 R Moran,3,4,5 A M Lennon,3,4,5 A Zaheer,3,4,5 C Wolfgang,3,4,5 R Hruban,3,4,5 G Marchegiani,6 C Fernández Del Castillo,6 W Brugge,6 Y Ha,7 M H Kim,7 D Oh,7 I Hirai,8 W Kimura,8 J Y Jang,9 S W Kim,9 W Jung,9 H Kang,10 S Y Song,10 C M Kang,11 W J Lee,11 S Crippa,12 M Falconi,12 I Gomatos,13 J Neoptolemos,13 A C Milanetto,14 C Sperti,14 C Ricci,15 R Casadei,15 M Bissolati,16 G Balzano,16 I Frigerio,17 R Girelli,17 M Delhaye,18 B Bernier,18 H Wang,19 K T Jang,20 D H Song,21 M T Huggett,22 K W Oppong,22 L Pererva,23 K V Kopchak,23 M Del Chiaro,24 R Segersvard,24 L S Lee,25 D Conwell,25 A Osvaldt,26 V Campos,26 G Aguero Garcete,27 B Napoleon,27 I Matsumoto,28 M Shinzeki,28 F Bolado,29 J M Urman Fernandez,29 M G Keane,30 S P Pereira,30 I Araujo Acuna,31 E C Vaquero,31 M R Angiolini,32 A Zerbi,32 J Tang,33 R W Leong,33 A Faccinetto,34 G Morana,34 M C Petrone,35 P G Arcidiacono,35 J H Moon,36 H J Choi,36 R S Gill,37 D Pavey,37 M

Objective

Serous cystic neoplasm (SCN) is a cystic neoplasm of the pancreas whose natural history is poorly known. The purpose of the study was to attempt to describe the natural history of SCN, including the specific mortality.

Design

Retrospective multinational study including SCN diagnosed between 1990 and 2014.

Results

2622 patients were included. Seventy-four per cent were women, and median age at diagnosis was 58 years (16–99). Patients presented with non-specific abdominal pain (27%), pancreaticobiliary symptoms (9%), diabetes mellitus (5%), other symptoms (4%) and/or were asymptomatic (61%). Fifty-two per cent of patients were operated on during the first year after diagnosis (median size: 40 mm (2–200)), 9% had resection beyond 1 year of follow-up (3 years (1–20), size at diagnosis: 25 mm (4–140)) and 39% had no surgery (3.6 years (1–23), 25.5 mm (1–200)). Surgical indications were (not exclusive) uncertain diagnosis (60%), symptoms (23%), size increase (12%), large size (6%) and adjacent organ compression (5%). In patients followed beyond 1 year (n=1271), size increased in 37% (growth rate: 4 mm/year), was stable in 57% and decreased in 6%. Three serous cystadenocarcinomas were recorded. Postoperative mortality was 0.6% (n=10), and SCN’s related mortality was 0.1% (n=1).

Conclusions

After a 3-year follow-up, clinical relevant symptoms occurred in a very small proportion of patients and size slowly increased in less than half. Surgical treatment should be proposed only for diagnosis remaining uncertain after complete workup, significant and related symptoms or exceptionally when exists concern with malignancy. This study supports an initial conservative management in the majority of patients with SCN.

Was Sie hierzu wissen müssen

Cystische Pankreastumoren werden durch verbesserte und v. a. „Vorsorge“-Bildgebung zunehmend in asymptomatischem Stadium entdeckt und führen dann häufig zu differentialdiagnostischen Problemen. Geht keine Pankreatitis voraus bzw. liegt keine erkennbare chronische Pankreatitis vor, geht man heutzutage (das ist im Übrigen auch nicht bewiesen) von zystischen Neoplasien aus. Hier ist die Frage der Malignität oder des Malignitätspotentials vorrangig, das v. a. bei muzinösen Neoplasien (muzinös-cystische Tumoren, intraduktal muzinproduzierende Tumoren (IPMN oder IPMT) zutrifft. Hier sei auf gute Übersichten aus jüngerer Zeit verwiesen (1-3).

Seröse Cystadenome (SCA) sind gutartige cystische Tumoren, die häufiger bei Frauen als bei Männern und v. a. in der 7. Dekade (zumindest in älteren Studien) auftreten. Sie haben ein charakteristisches Aussehen, mit multiplen kleineren (Honigwabenmuster) oder unterschiedlich großen Cysten, wie die Abbildung aus dem paper zeigt (links) manchmal auch mit zentraler Narbe (rechts).

Zu diesem Thema der SCA ist jetzt mit 2622 Patienten eine sehr große retrospektive Fallsammlung aus den Jahren 1990-2014 erschienen, bei denen 61% der Patienten asymptomatisch waren; ein Viertel (27%) hatten unspezifische Bauchschmerzen; spezifische Symptome wie pankreatobiliäre Schmerzen (was auch immer das genau ist), Diabetes oder andere Symptome lagen dagegen im einstelligen Prozentbereich. Von der Bildgebung waren 45% mikrozystisch, 32% makrocystisch, 18% gemischt und nur 5% solide; in 15% wurden Verkalkungen beschrieben. In 11% war der Pankreasgang hinter dem Tumor aufgestaut. Die Lokalisation in Kopf/Korpus/Kauda war mit 40%/34%/26% verteilt. Übrigens waren 74% der Patienten Frauen und das mittlere Alter lag bei 58 Jahren, also eine Dekade früher als in der älteren Literatur (4), was wahrscheinlich Folge des leichteren Zugangs zu einer insgesamt verbesserten Bildgebung ist (5, 6).

Erstaunlich ist die hohe Rate an Operationen (61%), 52% wurden innerhalb des ersten Jahres nach Diagnosestellung operiert; allerdings fielen die Resektionsraten von 94% von 1990-95 auf 54% in den Jahren. Operationsindikationen waren vorwiegend eine unklare Diagnose (60%), Symptome (23%; leider wird nicht erwähnt, ob sich diese postoperativ verändern), seltener dann Tumorgröße (6%) und Organkompression (5%). Im Vergleich mit den nicht operierten Patienten hatten die operierten häufiger Symptome (52% vs. 23%) und der Tumor war im Mittel größer (4 vs. 2.5 cm).

Von den 39% der Patienten, die einem Follow-up unterzogen wurden (im Mittel 3.6 Jahre), bleibt unklar, ob und wie viele weitere Bildgebungen vorlagen; hier lag die mittlere Wachstumsrate bei 1 mm/Jahr. Leider gibt es hier nicht mehr Informationen zu dieser Gruppe, auch ist das Follow-up ja nicht sehr lang.

3 Patienten hatten ein malignes SCA, die Größe lag hier bei 7,10 und 17 cm. Alle drei waren metastasiert und bei allen wurden Primärtumor und Metastasen reseziert; 2 Patienten waren entweder nach 1 Jahr am Leben oder das Follow-up endete nach einem Jahr; der dritte Patient lebt seit 9 Jahren. Allerdings muss gesagt werden, dass 18 Patienten beschrieben sind, deren Tumoren als lokal aggressiv beschrieben wurden, leider ohne nähere Angaben (14 kamen aus einem einzigen Zentrum), hier waren regionale Organe, Lymphknoten, peripankreatische Gefäße involviert. Demnach wäre also die Malignitätsrate entweder 3/2622 (0.1%) oder 21/2622 (0.8%), in beiden Fällen also unter 1%. Nicht festgehalten werden kann die Entartungsrate der primär nicht operierten Patienten, da hier das Follow-up wohl zu kurz war.

Die Ergebnisse bestätigen die gutartige Natur dieser Läsionen, allerdings auch die diagnostischen Probleme, die oft zur Operation (in doubt take it out) führen. Übrigens lag die operative Mortalität bei 0.6% (1.5% bei Whipple‘scher Operation, 0.2% bei Schwanzresektionen), die Mortalität bei den nicht-operierten Patienten lag bei 0.1%; dieser eine Patient starb an einer Pneumonie nach ERCP (die hier auch nicht indiziert ist); das größte Risiko bei diesen Patienten ist also die Operation. Natürlich gibt es Limitationen einer solchen retrospektiven Erhebung, die neben der Ungenauigkeit der Datenerfassung natürlich die Unsicherheit der finalen Diagnose bei nicht-operierten Patienten beinhaltet – hier beruhte die SCA-Diagnose auf einer hochverdächtigen Diagnose in der radiologischen Bildgebung (n=785) und auf der nicht näher spezifizierten Analyse der punktierten Cystenflüssigkeit, beides bekanntermaßen mit Unsicherheiten belastet. Weiterhin ist die hohe Rate an Operationen zwar sicherlich zu kritisieren, doch muss in einer retrospektiven Studie die genaue Indikationsstellung natürlich in gewissem Maße offen bleiben. Trotzdem ist dies mit Abstand die größte Serie solcher Tumoren; die bisherige Literatur (4-15). Die Hauptaufgabe für die Zukunft bleibt es, SCAs also solche möglichst zweifelsfrei zu identifizieren, damit diesen Patienten unnötige Operationen erspart bleiben.

Literatur

  1. Kosmahl M, Pauser U, Peters K, et al. Cystic neoplasms of the pancreas and tumor-like lesions with cystic features: a review of 418 cases and a classification proposal. Virchows Arch 2004;445:168-78.
  2. Brugge WR. Diagnosis and management of cystic lesions of the pancreas. J Gastrointest Oncol 2015;6:375-88.
  3. Del Chiaro M, Verbeke C, Salvia R, et al. European experts consensus statement on cystic tumours of the pancreas. Dig Liver Dis 2013;45:703-11.
  4. Compagno J, Oertel JE. Microcystic adenomas of the pancreas (glycogen-rich cystadenomas): a clinicopathologic study of 34 cases. Am J Clin Pathol 1978;69:289-98.
  5. Pyke CM, van Heerden JA, Colby TV, et al. The spectrum of serous cystadenoma of the pancreas. Clinical, pathologic, and surgical aspects. Ann Surg 1992;215:132-9.
  6. Tseng JF, Warshaw AL, Sahani DV, et al. Serous cystadenoma of the pancreas: tumor growth rates and recommendations for treatment. Ann Surg 2005;242:413-9; discussion 419-21.
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  8. Le Borgne J, de Calan L, Partensky C. Cystadenomas and cystadenocarcinomas of the pancreas: a multiinstitutional retrospective study of 398 cases. French Surgical Association. Ann Surg 1999;230:152-61.
  9. Bassi C, Salvia R, Molinari E, et al. Management of 100 consecutive cases of pancreatic serous cystadenoma: wait for symptoms and see at imaging or vice versa? World J Surg 2003;27:319-23.
  10. Strobel O, Z’Graggen K, Schmitz-Winnenthal FH, et al. Risk of malignancy in serous cystic neoplasms of the pancreas. Digestion 2003;68:24-33.
  11. Galanis C, Zamani A, Cameron JL, et al. Resected serous cystic neoplasms of the pancreas: a review of 158 patients with recommendations for treatment. J Gastrointest Surg 2007;11:820-6.
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  13. Kimura W, Moriya T, Hirai I, et al. Multicenter study of serous cystic neoplasm of the Japan pancreas society. Pancreas 2012;41:380-7.
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  15. El-Hayek KM, Brown N, O’Rourke C, et al. Rate of growth of pancreatic serous cystadenoma as an indication for resection. Surgery 2013;154:794-800; discussion 800-2.

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